Kein mausgraues Marketing-Tool: Autor*innen-Lesung für mehr Popularität
Ist ein Buch erst einmal publiziert, ist das ein Meilenstein für Autor*innen. Das gilt für alle Arten und Genres, denn hinter diesem literarischen Wunderwerk steckt viel Hirnschmalz, harte Arbeit, vielleicht die eine oder andere haarige Situation und auf jeden Fall literweise Herzblut. Ich entschuldige mich für das Bild, das jetzt etwas nach Horrorfilm klingt; also bitte nicht wörtlich nehmen!
Und dann? Was kann ich als Autor*in unternehmen, dass andere von meinem Roman oder Sachbuch erfahren? Es und natürlich mich kennenlernen können?
Das eigene Buch vorlesend vorstellen
Was kann ich als Autor*in tun, um von meinem Buch zu erzählen? Ein Blick in die Kristallkugel – na, eigentlich nicht, sondern in meinen Terminkalender – bringt Inspiration. In der kleinen Bücherei in meinem Wohnort findet bald wieder eine Autoren-Lesung statt. Da ist es schon, das Marketing-Tool fürs eigene Buch. Nicht das einzige – sollte es jedenfalls nicht sein, aber eines davon. Egal, ob für einen Roman oder ein Sachbuch. Eine Antwort auf die Frage „Was nun?“ lautet also: vorlesen.
Disclaimer: Für den groben Überblick plaudere ich über persönliche Eindrücke. Es sind Ideen und Inspirationen, kein vollständiger Plan für Lesungen. (Dafür sind dann die Profis zuständig, die beim Organisieren von größeren Buchevents helfen können. Der Austausch mit Schreib-Kolleg*innen kann ebenso die Augen für Möglichkeiten öffnen.)
Online-Lesungen und Launch-Partys im WWW
Es ist so weit: Der Termin der Buch-Party im Online-Meetingraum ist gekommen. Obwohl ich nur als Lektorin an Bord war, spüre ich es, das Herzklopfen. Wie es wohl den Autor*innen gehen mag? Vielleicht ähnlich. Und den interessierten Literaturfreund*innen? Vielleicht auch ähnlich. Nach den Begrüßungsworten erklingen einige Zeilen aus einem bekannten Lied zur Einstimmung. Ich glaube, es haben sogar manche Leser*innen – zumindest in Gedanken – mitgesungen. Ein perfekter Auftakt zur Launch-Party im WWW, denn alle sind gespannt auf die Kostprobe aus dem Buch.
Die Erkenntnis: In unserer vernetzten Welt ist der virtuelle Raum eine praktische Variante für Veröffentlichungspartys und/oder Lesungen. Mit viel Spielraum und verschiedenen Möglichkeiten zum Testen, Fördern von Community-Building und/oder einfach nur zum Vorlesen.
Live-Schaltungen im Fokus
Einige Plattformen bieten sogar Live-Optionen an. Wobei vermutlich nicht jede*r Autor*in das perfekte Hightech-Equipment für eine solche Show besitzt. Und wohl nicht die persönliche Maske, also den Make-up-Profi, zur Hand hat, um sich kameratauglich präsentieren zu können. Für kurze Einblicke ins Buch oder zum Üben unter Freund*innen aber durchaus hilfreich. Diese praktische, wenig aufwendige Variante kann ebenfalls für regelmäßige (Mini-)Einblicke genutzt werden. Mir ist schon klar, dass man als Autor*in der Typ für so etwas sein muss. Daher: Einfach als eine Möglichkeit von vielen betrachten.
Größere Online-Veranstaltungen
Die Online-Welt kann ebenso für größere Veranstaltungen genutzt werden, etwa Live-Events in einer Gruppe von Interessierten. Für fade Vorträge konzipierte Tools lassen sich viel kreativer für Lesungen einsetzen. Eine gute Gelegenheit, sich und das eigene Buch zu präsentieren, (potenzielle) Leser*innen mehr oder weniger persönlich kennenzulernen, sie zu sehen. Zumindest einen (Spitz-)Namen, denn die Kamera darf auf der Zuhörer*innenseite ja im Regelfall ausgeschaltet bleiben.
Ideen zu Gestaltung und Planung von Lesungen im virtuellen Meetingraum
Schon allein bei der Gestaltung können Autor*innen ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Passt ein gewisser Kleidungsstil, ein Lieblingsstück? Besondere Accessoires? Oder transportieren Deko-Objekte die Atmosphäre der Geschichte? Kann ich mit Musik auf meine Geschichte(n) / mein Thema einstimmen? Da gibt es wohl noch mehr kluge Fragen. Mit Sicherheit kommen wir als Autor*innen auf unzählige großartige Ideen für eine Online-Lesung.
Ich kann mir vorstellen, dass sorgsame Planung nicht unwichtig ist. Vor allem Kenntnisse, wie ein Tool funktioniert und was es leisten kann, sind essenziell, damit die Chance auf einen reibungslosen Ablauf groß ist. Nicht vergessen: Die Community sollte rechtzeitig informiert werden, wann das Event stattfindet. Online und offline im Bekanntenkreis. Der Zugang zur Lesung sollte für Leser*innen möglichst einfach sein. Erinnerungen an den Termin dürfen auch sein. Mit Maß und Ziel. (Also kein Bombardement.)
Lesungen im Real Life
Noch persönlicher sind Lesungen im echten Leben. Da wird man als Autor*in unmittelbarer wahrgenommen, in Farbe und in natura. Sich live vors Publikum zu stellen/setzen, kostet wahrscheinlich einige von uns viel Überwindung. Inklusive Herzrasen, Schweißperlen, die sich ihren Weg suchen, zittrigen Händen, einem flauen Gefühl im Magen oder Ähnlichem; die Empfindungen bei Nervosität sind ja unterschiedlich. Daher: Lesungen im Real Life sind eine Option, für die man in sich hineinspüren sollte, ob sie passend ist. Wenn ja, dann geht es ans Planen und Umsetzen.
Vielleicht ist es nicht gleich die riesige Veranstaltungshalle für die Lesung, die man füllt. Kleinere Locations können genauso Publikum anlocken und eine angenehme Zeit – für Autor*innen und (potenzielle) Leser*innen – ermöglichen.
Fokus: Heimatort und Region
Möchte man sich regional positionieren, lohnt es sich, sich im Heimatort und/oder in den Nachbarorten nach Locations für Lesungen umzuschauen. Gibt es Büchereien, in denen Platz wäre? Gibt es Kapazitäten und die Bereitschaft, zumindest eine kleine Lesung zu organisieren? Meine Heimatstadt kann etwa damit dienen für eine beschränkte Personenanzahl. Zur 100-Jahr-Feier hat Schauspielerin und Autorin Ursula Strauss aus verschiedenen Texten vorgetragen; und die kleine Bücherei ist aus allen Nähten geplatzt. Die nächsten Lesungen sind schon in Planung. Eventuell hat man ja Kontakt zu jemandem aus der Bibliothek und kann unverbindlich anfragen? Mit dem Bücherei-Team hat man gleichzeitig Zuhörer*innen. Außerdem locken Personen aus der Gegend. Vielleicht kennen einen potenzielle Leser*innen oder Freund*innen von Freund*innen ja sogar schon persönlich. Eine Gelegenheit, die man sich als Autor*in, wenn sie nicht gerade komplett der eigenen Positionierung widerspricht, nicht entgehen lassen sollte. Oder?
Gibt es Buchhandlungen, die Autor*innen aus der Region unterstützen? Eventuell lässt sich für eine Lesung zusammenarbeiten. Anfragen kann man in jedem Fall. Wer nicht fragt, hat die Gelegenheit für eine Lesung schon verloren.
Thematische Ausrichtung
Eine Gelegenheit sind Veranstaltungen, zu denen das eigene Buch thematisch passt. Gut, zur Eröffnung der kleinen Nibelungen-Ausstellung in meinem Heimatort, der im Nibelungenlied vorkommt, ist Michael Köhlmeier nicht erschienen; seine Neuerzählung hätte echt gut gepasst. Zugegeben, eine solche Kooperation ist reines Wunschdenken. Es gibt aber realistische Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und verschiedene Themen, an die man als Autor*in mit etwas Glück anknüpfen kann. Ja, dafür muss man sich in der Gegend oder etwas weiter weg umhören und umschauen. Nicht die einfachste Möglichkeit, aber vielleicht passt das Timing. Oder man kennt jemanden, der über geplante Events informiert ist. (Der Herr Köhlmeier hat sich nicht gemeldet, er brauchte die Gelegenheit halt einfach nicht …)
Zusammenarbeit mit anderen Autor*innen
Arbeitet man mit weiteren Autor*innen (aus der Gegend oder sogar von weiter weg) zusammen, muss man nicht Alleinunterhalter*in spielen. Unter Umständen wissen Kolleg*innen von Locations, die gut für eine gemeinsame Lesung geeignet sind. Größere Gasthäuser etwa, die Kultur fördern und die Gäste – also die Leser*innen – bewirten können. Oder Veranstaltungszentren oder ähnliche Betriebe. Auch wenn eine geringe Miete anfallen würde, weil ja geputzt und eventuell sogar dekoriert wird, wäre sie gemeinsam leichter zu stemmen. Was man nicht unterschätzen sollte: Eine Zusammenarbeit hat den Vorteil, dass jede*r Autor*in eigene Fans und Bekannte mitbringt. Diese entdecken dann eventuell eine*n neue*n Lieblingsautor*in. Oder die eigenen Fans genießen die Texte der anderen. Eine gemeinsame Veranstaltung ist lebendiger Austausch, ganz nah an den Leser*innen.
Großes Buch-Event
Tja. Wer es lieber groß hat, sollte sich der Möglichkeit, ein aufwendiges Buch-Event zu veranstalten, nicht ganz verschließen. Es gibt da Profis, die bei der Organisation helfen, habe ich mir sagen lassen. Je größer der Rahmen, desto mehr Menschen können potenziell zum Zuhören bei einer Lesung kommen. (Müssen aber nicht.)
Auch für größere Events kann man sich nach Kooperationsmöglichkeiten umschauen. Ist nicht verboten.
Fazit:
Mit einer Lesung können Autor*innen Einblicke ins eigene Buch geben, gleichzeitig potenzielle Leser*innen näher kennenlernen als gewöhnlich. (Wie schon erwähnt, zumindest mit Spitznamen in der virtuellen Welt oder eben in einigen Metern Entfernung, aber im Angesicht, im Real Life.) Mit einer Lesung wird man ebenso als Person greifbarer für Leser*innen. Es muss ja nicht sofort ein Mega-Event sein. Klein und mit wenig Aufwand anfangen, ist genauso legitim. Oder diese Möglichkeit zum Buch-Marketing gar nicht nutzen, wenn sie (noch) nicht zu einem passt. Dann mal Inspiration für die Zukunft.
PS:
Bei der Abschlussfeier des Lehrgangs in der Ghostwriting Academy habe ich meine Autor*innen(-beziehungsweise-Ghostwriter-)Lesung absolviert. War aber ebenfalls schon im Publikum – da kann man viel von der Stimmung beobachten und als Motivation mitnehmen. Oder die Kolleg*innen als Vorbild nehmen.