Wie peinlich! Top 5 lustiger Sprachpannen und (Tipp-)Fehler, oder,
Wie Texte ohne Lektorat oder Korrektorat aussehen können
Sprachpannen können nicht nur bei Lektor*innen für unfreiwillige Unterhaltung sorgen. Im besten Fall treffen sie auf Adressat*innen, die die Peinlichkeiten und Fehler mit Humor aufnehmen. Im schlechtesten Fall ärgern sich Leser*innen über die mangelnde Qualität eines Textes aufgrund von zahlreichen Sprachpannen. Manche von ihnen projizieren diesen Zugang auf die Autor*innen der fehlerhaften Zeilen, stehen ihnen weniger wohlgesonnen gegenüber.
Es gibt sie, diese pingeligen Menschen, die sich über jede klitzekleine Sprachpanne aufregen. Die bei jedem Rechtschreib- oder Grammatikfehler hämisch grinsen. Jene Menschen, die den Urheber*innen der Sprachpannen zumindest insgeheim Unwissenheit oder gar Dummheit unterstellen. Sogar in meiner eigenen Familie gibt es sie, jene Menschen. (Nein, damit meine ich nicht so sehr mich selbst, wenngleich ich ebenso eine leichte Tendenz zum Augenrollen bei peinlichen Sprachpannen an mir feststellen kann.) Ich vermute daher, sie sind keine allzu rar gesäte Spezies …
Nein, ein paar Fehler sind kein Weltuntergang. Trotzdem ist es ratsam, möglichst wenige Fehler in Texten zu belassen, die Leser*innen zugänglich gemacht werden. Man weiß ja nie, wer die skurrilen Sprachpannen dann findet und sie für einen unterhaltsamen Blogartikel ausbreitet und genüsslich zerlegt …
Gashaus G.
Gashaus, was ist denn das bitte? Außer einer Sprachpanne, jedenfalls. Oder wissen Sie vielleicht, was ein Gashaus ist? Ich möchte keine fragwürdige Vergangenheit oder Geisteshaltung attestieren, obwohl eine solche Assoziation bei diesem offensichtlichen Tipp- und somit Rechtschreibfehler laut anklopft. Eine Freundin von mir würde in dieser Gaststätte aus anderen Gründen auch lieber nicht einkehren. Sie fürchtet, dass die Leitung in Anlehnung an die Sprachpanne an heftigen Verdauungsbeschwerden leidet. Vielleicht sollte jemand bei der Gemeinde nachfragen, in dessen Informationsblatt ich das „Gashaus G.“ gefunden habe, welche der beiden Interpretationen der Wahrheit näherkommt.
Apropos Wahrheit. Die nackte Wahrheit: Dieser auffällige Fehler, diese blamable Sprachpanne, ist in einer fett gedruckten Passage zu finden, die sich einer Ehrung in besagtem „Gashaus G.“ widmet. Unübersehbar also für pingelige Sprach-, Rechtschreib- und Grammatik-Connaisseur*innen.
Böse Lektor*innen-Zungen würden sagen: Rechtschreibfehler bitte nicht noch durch die Schriftgröße und Fettdruck betonen, sondern lieber weglassen. Sprachpannen gehören nicht ins Rampenlicht!
Die abgebrochene Studentin
Buchbesprechungen sollten ohne Sprachpannen auskommen. Die „abgebrochene Studentin“ Suzu ist laut einem eher gehoben positionierten Frauenmagazin die Protagonistin in einem Roman von Milena Michiko Flašar. Aber wieso ist das arme Ding denn abgebrochen? Wo über überhaupt? Ist die Studentin in der Mitte zu gleichen Teilen abgebrochen oder muss sie nun kopflos durch die fiktive Welt laufen? (Ich vermute, dass sie nicht mit dem Reiter verwandt ist, der Sleepy Hollow das Fürchten lehrt. Bei der Beschreibung als „abgebrochene Studentin“ ist diese Interpretation allerdings nicht gänzlich unmöglich.)
Ein wenig kopflos dürfte jedenfalls die Autorin der Zeilen gewesen sein, als sie die „abgebrochene Studentin“ zu Papier gebracht, diese peinliche Sprachpanne fabriziert hat. Definitiv ein Ausdrucksfehler, der etwas schräge Bilder im Kopf erzeugt. (Noch dazu als Kultur- und Buchtipp …)
Kleiner Lektor*innen-Tipp zur Vermeidung solcher Fehler im Ausdruck: Studienabbrecherin wäre ein geeignetes Synonym. Ein Relativsatz ist für nähere Beschreibungen ebenso gut geeignet, wenn er sich ins Layout einfügt. So umschiffen Sie Sprachpannen gekonnt.
Ihm Gesicht oder ein ungewöhnlicher Ort
Als Leser*in erwartet man in Büchern korrekte Grammatik. In Fall von „ihm Gesicht“ bekommt man (hoffentlich) ein ungutes Gefühl im Magen, Sprachpannen-Alarm. Definitiv bei folgendem Satz aus einem Roman: „Mit beiden Füßen landete er ‚ihm Gesicht‘ des Inquisitors und stieß sich sofort wieder von ihm nach hinten ab.“ Das Personalpronomen im Dativ ist in dieser Beschreibung völlig fehl am Platz, denn eigentlich ist eine Ortsbezeichnung gefragt. Ein einfaches „im“. Eine Präposition, die mit dem korrekten Artikel verschmilzt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
In diesem Fall wäre weniger jedoch besser. Weniger Buchstaben jedenfalls. Das H ist in diesem Satz einfach zu viel, produziert einen gravierenden Grammatikfehler und somit eine unrühmliche Sprachpanne.
Mein Lektor*innen-Tipp lautet: Genaueres Kontrollieren sollte den Grammatikfehler eigentlich auffinden. Schmachvolle Sprachpannen verhindern. „Mit beiden Füßen landete er ‚ihm Gesicht‘ des Inquisitors“ ergibt nämlich leider nicht einmal annähernd Sinn, sondern sorgt für (zumindest metaphorische) Magenschmerzen.
Terminkoalision
Bei der „Terminkoalision“ schlägt sogar der Rechtschreib-Check im Textverarbeitungsprogramm an, der sonst häufig beide (maschinellen) Augen vor Fehlern verschließt. Die blamable Sprachpanne ist nun rot unterstrichen, um den Fehler zu markieren. Umso mehr verwundet es mich, dass „Terminkoalision“ in der Betreffzeile einer E-Mail-Nachricht, die an Unternehmer*innen gerichtet ist, so falsch stehen geblieben ist. Ausgerechnet als Betreff leuchtet der falsch geschriebene Begriff uns Adressat*innen förmlich entgegen. Ein Fehler, der kaum zu übersehen ist, eine beschämende Sprachpanne. Die „Terminkoalision“ ist jedenfalls in der Betreffzeile verblieben. An diesem speziellen Ort, in der exponierten Zeile, die den Zweck oder das Thema einer Nachricht präsentiert. Da springt die Fantasie an: Vielleicht sind die angesprochenen Termine politisch engagiert, diskutieren und koalieren? Klingt zumindest so ähnlich. Oder es sind tierische Termine mit Ursprung in Australien. Die „Terminkoalision“ erinnert im Klang immerhin ein wenig an die putzigen Koalas.
Unser Gehirn ist zwar bei einem solchen Tippfehler so schlau, die wahre Bedeutung herauszukitzeln: Terminkollision. Mit zwei L und definitiv nicht verwandt mit Koalas. Der intellektuelle Anteil lacht trotzdem über die Assoziationen, die aufgrund der peinlichen Sprachpanne entstehen. Und wahrlich wilde Blüten treiben.
Trockener Lektor*innen-Tipp: Als Verfasser*in sollten Sie genauer hinschauen und kontrollieren, bevor Sie Nachrichten mit fehlerhaften Betreffzeilen versenden. Da fallen Rechtschreib- und Grammatik-Fettnäpfchen, also Sprachpannen, besonders auf.
Die falsche Miene oder gibt es auch böse Kugelschreiber?
Die Miene hört sich zwar gesprochen so an wie die Mine, ist allerdings etwas völlig anderes. Blöd nur, wenn sich Autor*innen genau die falsche Variante aussuchen, eine unrühmliche Sprachpanne produzieren. Das kann anscheinend immer passieren. In einem gefeierten Roman etwa, bei dem der Rechtschreibfehler zu semantischen Komplikationen führt: „Er nahm mir den Stift aus der Hand und drückte oben drauf, worauf unten die Miene herauskam.“ Da stellt sich mir als Leser*in sofort die Frage: Welchen Gesichtsausdruck kann denn ein banaler Kugelschreiber haben? Seit wann schauen diese Stifte denn böse oder freundlich drein, wenn man oben auf den Knopf drückt, der eigentlich dazu da ist, die Mine freizugeben. Jene Mine, die es bei Kugelschreibern und Bleistiften gibt, die ein Sprengkörper oder ein unterirdischer Gang sein kann. Und nicht die Miene, die einzig und allein als Synonym für Gesichtsausdruck verwendet werden kann. Suchen sich Autor*innen den falschen Begriff aus, macht es sich die Sprachpanne im Text gemütlich.
In besagtem Roman findet sich die blamable Sprachpanne sogar ein weiteres Mal: Eine Figur drückt auf derselben Seite noch einmal „auf den Stift, und die Miene verschwand wieder.“ Der Kugelschreiber schaut dann immerhin nicht mehr griesgrämig oder pikiert aus der Wäsche. Die unzufriedene Miene von Leser*innen, die auf korrekte Rechtschreibung und Grammatik Wert legen, könnte sich allerdings noch weiter verfinstern, wenn ein Kugelschreiber unfreiwillig ein Gesicht bekommt. Also nicht die Mine verwendet wurde, die in diesem Zusammenhang korrekt wäre.
Lektor*innen-Tipp: Wenn das Sprachgefühl deutlich ausgeprägt ist, sollte eine solche Verwechslung von Begriffen beim Überprüfen auffallen. Es besteht ebenso die Möglichkeit, eine schnelle Recherche zu starten, die die korrekte Verwendung der ähnlich klingenden Nomen klar darstellt. Und Sprachpannen entlarvt, bevor sie passieren.