How shocking!- Deshalb sollten Sie der Textprüfung in Word & Co. nicht blind vertrauen
Die drei häufigsten Fails schneller Grammatik- und Rechtschreibchecks
„Ich glaube, einige „dass“ hat mir die Textprüfung in Word vorgeschlagen“, bekomme ich Feedback nach einem Korrektorat. Im ersten Moment kann ich es nicht glauben, dass aufgrund der Rechtschreib- und Grammatikprüfung erst Fehler entstanden sind. Ich beschließe, bewusster hinzuschauen, wenn ich mit Word & Co. für eigene und „geghostete“ Texte schreibe. Dabei ist mir einiges aufgefallen, worauf man bei der Verwendung von Rechtschreib- und Grammatikchecks in gängigen Textprogrammen achten sollte, wenn man Wert auf korrekte Sprachverwendung legt. (So wie ich.)
Bequeme Textprüfung durch Maschine
Klar, eine Textprüfung in Schreibprogrammen wie Word & Co. ist oberflächlich betrachtet praktisch. Sie weist schnell auf etwaige Fehler hin. Die rote Wellenlinie oder ähnlich auffällige Symbole unter der betroffenen Passage stechen sofort ins Auge. Sie zeigen, wenn etwas in meinem Text nicht stimmt. Oft liefern sie sogar Vorschläge, was geändert werden soll. (Manchmal auch nicht.) So weit, so bekannt.
Was allerdings häufig vergessen wird, ist, dass hinter der Prüfung grob gesagt eine in ihren Analysefähigkeiten limitierte Maschine steckt. Das bedeutet: Sprache von Menschen für Menschen wird von einem Programm geprüft, das eben kein Mensch ist. Ja, für Online-Texte ist SEO ein Faktor; im Zwischenschritt sind diese Texte an eine Maschine gerichtet, die auf Keywords fixiert ist, aber lesen sollen sie ja schlussendlich doch Interessierte, potenzielle Kund*innen oder einfach nur begeisterte Leser*innen. Und nicht nur Google. (Ich hoffe, die IT-Expert*innen werden mir diese sehr laienhafte, dürftige und fast schon symbolhafte Erklärung verzeihen!)
Praktische Arbeit mit den Tools zeigt deutlich deren Schwächen
Diese Situation klingt theoretisch schon suboptimal. In der praktischen Arbeit mit den Tools erhärtet sich der Verdacht. Es zeigt sich deutlich, dass die schnellen Rechtschreib- und Grammatikchecks in Word & Co. nicht sehr zuverlässig sind. Sie „übersehen“ Fehler oder sorgen sogar für neue Fehler. Falls Sie mir nicht glauben, lesen Sie bitte unbedingt weiter! Ich habe mir nämlich einige Aspekte angeschaut, die die Checks in Textprogrammen mehr schlecht als recht hinbekommen.
Ich möchte die Schnell-Checks nicht gänzlich verteufeln. Tippfehler finden sie in den meisten Fällen schon. Und manchmal reicht das auch. Bei wichtigen Texten, deren Zielgruppe echte Menschen sind, ist die Maschine vielleicht nicht mehr gut genug. Da ist schon mehr menschliche Hirnleistung gefragt. Bei Texten, mit denen Sie etwas erreichen wollen, sollten Sie sich wirklich gut überlegen, wem Sie bei der Überprüfung auf Fehler vertrauen: einer Maschine oder menschlichen Fähigkeiten. (Das gilt natürlich auch für die eigenen Fähigkeiten, wenngleich man als Schreibende/r bei eigenen Texten leider häufig von Betriebsblindheit geplagt wird. Aber das ist definitiv ein anderes Thema!)
Jetzt zerre ich häufige Fails von Grammatik- und Rechtschreibchecks in Word & Co. vor den Vorhang:
Sinnbefreite Beistrichsetzung
Verwundert schaue ich die Beistrichsetzung an, die mir die Rechtschreibprüfung meines Textprogramms vorschlägt. Meine Augen werden kleiner, mein Gesichtsausdruck wechselt von Überraschung über leichte Verwunderung bis zu völliger Verständnislosigkeit. In wenigen Sekunden. Da kann ich nur den Kopf schütteln. Ebenso geschockt bin ich, wenn ich ein falsch gesetztes Komma entdecke, das die Rechtschreib-Prüfung eben nicht ausgemacht hat. Ein Beistrich signalisiert nämlich zumindest eine ganz kurze Pause im Satz, die manchmal gänzlich unpassend ist. In solchen Fällen macht ein Komma einfach keinen Sinn.
Echtzeit-Check: In den vorhergehenden Satz habe ich absichtlich nach „zumindest“ und nach „gänzlich“ ein Komma eingefügt; trotzdem sehe ich keine roten Unterwellungen. Der Check findet keinen Fehler in der Beistrichsetzung. Das Objekt des Satzes (also „eine ganz kurze Pause, die …“) ist aber kein Nebensatz und ein Komma davor völliger Blödsinn. Ich höre schon auf mit den grammatikalischen Fachbegriffen!
Meine Empfehlung:
• Gerade bei der Beistrichsetzung gilt es, auf den Lesefluss und die Pausen zu achten. Egal, was die Rechtschreibprüfung im Textprogramm sagt.
• Und/oder Profis zu beauftragen, die sich jeden Fall einzeln anschauen, sodass möglichst wenig sinnlose Kommas im Text bleiben beziehungsweise notwendige Beistriche gesetzt werden.
Das/Dass: Schwierigkeiten dank Rechtschreibprüfung
Die „Das/Dass-Schreibung“ kann häufig Probleme bereiten. Manchmal ist man sich nicht sicher, welche Version die korrekte ist. Manchmal tippt man einfach nur zu schnell und das zweite „s“, das eigentlich nicht richtig ist, steht dann trotzdem da. So ist es mir beispielsweise beim Verfassen dieses Blogartikels gegangen.
Echtzeit-Check: Mein linker Ringfinger war wohl zu flott und das kam dabei heraus: „Sprache von Menschen für Menschen wird von einem Programm geprüft, dass eben kein Mensch ist.“ Die Antwort der Maschine: keine. Keine rote Unterwellung. Absolut kein Anzeichen, dass es sich dabei um einen Relativsatz handelt, der das Programm näher beschreibt, und daher ein „das“ verlangt. (Ja, wieder ein Fachausdruck, sorry.)
Jetzt ist mir auch das Feedback auf mein Korrektorat klar: In Word werden nicht alle „das/dass“-Fehler gefunden. Manchmal macht das Rechtschreib- und Grammatik-Tool auch falsche Vorschläge.
Meine Empfehlung:
• Ich vermute, dass die Maschine im Textprogramm nicht immer zwischen einem Relativsatz und einem Ergänzungssatz unterscheiden kann. Letzterer verlang ein „dass“, da er den gesamten Hauptsatz betrifft. Ein „das“ im Relativsatz bezieht sich auf eine Sache im Hauptsatz und beschreibt diese näher. Diese kurze Erklärung kann als Leitfaden für eine (Selbst-)Überprüfung dienen.
• Bei etwaigen Unsicherheiten lohnt es sich, zu recherchieren oder einen Profi zu konsultieren.
Existenz von Wörtern macht diese nicht automatisch korrekt
Rechtschreibchecks in Word & Co. schauen oft nur, ob Wörter existieren. Existenz allein ist allerdings, wie Sie sich denken können, ein wenig taugliches Kriterium, um die Richtigkeit von Texten zu beurteilen. Für diesen Aspekt kommen wir mitunter in die Gefilde eines Lektorats: Existierende und korrekt geschriebene Wörter können trotzdem den Sinn eines Satzes beeinträchtigen. Sie können ihn ambig machen. Ich denke da etwa an Fälle, in denen ein besitzanzeigendes Fürwort wie „mein“, „dein“, „ihr“, „sein“ wesentlich bessere Informationen liefert als ein unbestimmtes „ein“. Beim schnellen Tippen kann es aber eventuell vorkommen, dass der entscheidende Buchstabe nicht auf den Bildschirm wandert. Oder vielleicht ein „d“ und kein „s“. Das verändert den Sinn. Manche korrekten Wörter rauben den Sinn sogar gänzlich.
So wie bei mir – ich glaube, da habe ich auch etwas zu schnell getippt:
Echtzeit-Check: „Ist gibt aber viele gute Gründe.“ An diesem Satz hat Word nichts zu bemängeln. Leider müssen Leser*innen sich schon etwas mehr anstrengen, um ihn zu enträtseln. Der Lesefluss leidet darunter sehr.
Meine Empfehlung:
• Die Kontrolle eines Menschen ist vor allem bei Fällen, die den Sinn eines Satzes manchmal bis zur Unkenntlichkeit verändern, unumgänglich.
• Nach einer längeren Pause kann man das als Autor*in eventuell selbst erledigen. Ich kenne allerdings auch die eigene Betriebsblindheit, weshalb ich den Selbst-Check mit gutem Gewissen nur bedingt empfehlen kann.
• Rechtschreib- und Grammatik-Profis können helfen, wenn ein Text hohe Priorität hat und möglichst fehlerfrei sein soll. In manchen Fällen kann ein Selbst-Check ebenso genügen.